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... nach diesem Motto lebte Hans Gahleitner, vulgo Ebner in Eckersberg am Ebnerhof in Arnreit im Mühlviertel - vom 14. Februar 1940 bis 23. Jänner 2021. Ein ganz persönlicher Nachruf von Ilse Achleitner...
Er war der Bruder meiner Schwiegermutter Frieda, der als einziger Bub inmitten von 7 Schwestern am Ebnerhof in Arnreit aufwuchs und diesen mit seiner ebenfalls ledigen Schwester Nanni bewirtschaftete. Schon 1975 stellte er den Hof auf Bio um, als diese 3 Buchstaben noch gar nicht per Gesetz definiert waren. Er züchtete die bekannteste Dinkelsorte Österreichs, „Ebners Rotkorn“, sowie Ackerbohnen und Nackthafer und war über die Grenzen hinweg als Pionier und Rebell bekannt.
Bei der Gründung vom Bioverband „Erde & Saat“ und vielen Bio-Vermarktungsinitiativen engagierte er sich federführend, stand aber auch mit steter mentaler Unterstützung vielen Biobauern zur Seite.
Als Günter und ich 1985 beim Hochzeitladen dem Ebnerhof einen Besuch abstatteten, kredenzte Tante Nanni selbstgemachte Dinkelweckerl und Kräutertee aus dem Bauerngarten. Onkel Hans vernahm, dass ich (noch) bei einer Bank arbeitete und versuchte, uns die eigentlichen Wertigkeiten des Lebens darzustellen. „Am Schalter Geldscheine hinblättern kann schnell jemand, aber aus fruchtbarer Erde Brot hervorbringen, das ist die wahre Kunst.“ Dem folgten Erklärungen über die Zielentfremdung des Genossenschaftswesens und den wachsenden Bedeutungsverlust der Landwirtschaft.
Bei der Hochzeit schenkte er uns eine lederne handverzierte Schreibmappe aus dem Weltladen und Schallplatten über die Bundschuhbauern, die sich in Baden-Württemberg mit Protesten gegen die Enteignung von Grund und Boden für Teststrecken einer bekannten Automarke zur Wehr setzten.
Auch sprach er über Bio als der einzigen, zukunftsträchtigen Alternative für die Landwirtschaft und unterstützte uns sehr. Auf sein Anraten besuchten wir Boden- und Kompostkurse bei der Familie Lübke in Peuerbach und stellten unseren Hof in den nächsten 4 Jahren auf Bio um. Er nahm uns mit nach Deutschland und in die Schweiz, um Kontakt zu Bio-Leitbetrieben zu bekommen und Perspektiven zu entwickeln.
Wir hatten Ende der 80er-Jahre schon einen florierenden Ab-Hof-Verkauf in Unterschaden, Anfang 1990 kam unser 4. Kind Birgit zur Welt. Onkel Hans redete immer wieder von einem Biohofladen, der aufgrund unserer guten Lage und befüllt mit vielen Mühlviertler Bioprodukten genau bei uns entstehen könnte. So eröffneten wir am 6. Oktober 1990 unseren Hofladen mit Onkel Hans‘ Dinkel, Fleisch und Wurst vom Höglinger, Käse von Rein in Lembach, Brot von Mauracher und Grieß, Mehl und Ziegenkäse vom Prechtl Willi.
Bei seinen regelmäßigen Besuchen schwärmte er von der Kraft eines gesunden Bodens, beklagte die Unfähigkeit mancher Landwirtschafts-Politiker und motivierte uns, die Biovermarktung auszubauen.
Er war stets weltoffen und aufgeschlossen und blieb in seinem Geist sehr beweglich. Schon früh warnte er vor den schädlichen Auswirkungen des Mobilfunks, tankte sein Auto mit Pflanzenöl und verurteilte es, wenn Bauern ihren Selbstwert vom Fahren schwerer Traktoren ableiteten, anstatt auf den Boden zu achten.
Er kleidete sich gerne mit Leinen, trug im Sommer seinen Strohhut und legte großen Wert auf beste Lebensmittel. Bei uns genoss er Maurachers Himbeerschnitten oder ein Butterweckerl und eine gute Tasse Cappuccino, aber in den letzten Jahren kaum einen Tropfen Alkohol. Mit Freunden liebte er, gemeinsam zu frühstücken und überzeugte uns bei einer Bergwanderung im Böhmerwald vor 10 Jahren noch von seiner außerordentlichen Fitness.
Auch Musik hatte immer einen besonderen Stellenwert in seinem Leben. So sangen wir ihm zu seinem 75er mit ein paar Mitarbeiterinnen und Gitarre in unserem Biokulinarium gemeinsam eines seiner Lieblingslieder: „Es dunkelt schon in der Heide“.
…sofort stimmte er mit einer Überstimme ein und ein glückliches Glänzen trat in seine Augen.
Auch das Tanzbein hat ihn schnell gejuckt, insbesondere beim Rock’n Roll sah man, welche Energie in ihm steckte. Eine Kraft, die sich stets von unnötigen Zwängen befreite, um für die wesentlichen Lebensaufgaben Zeit und Muße zu finden.
Wir wissen nicht, wo wir heute stünden, hätten sich unsere Wege nicht gekreuzt.
Uns bleibt nicht nur ein dankbares Andenken an einen ganz besonderen Menschen. Viele seiner Überzeugungen leben in uns weiter zum Wohle von Mensch und Natur.
Danke für deine Begleitung und Inspiration lieber Onkel Hans!
Ilse und Günter Achleitner
Februar 2021
"Es dunkelt schon in der Heide,
nach Hause lass uns gehn.
Wir haben das Korn geschnitten...."